Ist es nicht schön, dass wir entscheiden dürfen? Vielleicht geht es Ihnen nicht so. Was mir hilft stimmige Entscheidungen zu treffen, das Lesen sie im folgenden Artikel beispielsnah.
„Das war genau richtig“, denke ich mir und beiße zu. Gerade war ich einkaufen. Und habe mich entschieden noch bei meinem Lieblingsbäcker vorbeizuschauen. Er ist Brotsommelier und hat ein täglich wechselndes Sortiment an Backleckereien. Heute habe ich mir ein Laugenbrot gegönnt, was ich noch nicht kenne. Es ist noch warm, als ich es aus der Tüte fische. Eine Scheibe mit Butter ist heute mein spätes Frühstück.
Die Kruste knackt schon leicht beim Anschneiden, sie hat diesen laugigen Geschmack, und innen ist das Brot etwas dunkler als gewöhnliches Laugengebäck. Das Auge isst mit. Wow.
Es gibt Dinge, bei denen es mir total leichtfällt, mich zu entscheiden. Beim Einkaufen ist es zum Beispiel oft so. Vielmals kaufe ich sogar das Gleiche ein. Das geht schnell und routiniert.
Wie ist das bei schwierigeren Entscheidungen?
Eine Coachee sagt mir im Coaching „Ich weiß genau, was ich tun muss“. Was als unklare Entscheidung zwischen mehreren Optionen ihrer beruflichen Weiterentwicklung begonnen hat, entwickelte sich nach einigen Coaching-Einheiten zu einem konkreten Weg vor ihrem inneren Auge. Sie hat ihre Optionen für sich bewegt und das Coaching dazu genutzt, innezuhalten und sich weitere Impulse in ihren Entscheidungsfindung hineinzuholen. Die Sicherheit, die sie ausstrahlt, als sie diese Worte zu mir sagt, ist beeindruckend. Geradezu greifbar in der Tonalität und ihrer Körperhaltung.
Einstellen – sich für einen Menschen entscheiden
Jemanden für meine Praxis einzustellen, fällt mir eher leicht. Ich weiß, es ist Bedarf da. Es gibt geklärte Spielräume, in denen die Entscheidung stattfinden kann. Und einen Prozess vor der Einstellung mit Gesprächen, Hospitation im Team, anschließender Austausch untereinander und nach der Einstellung mit verschiedenen Einarbeitungsphasen, Feedbackgesprächen, Patenschaft, online Lernprogramm und so fort. Zugegeben, Physiotherapeut*innen zu finden ist nicht leicht und welche einzustellen geschieht nicht ständig. Das braucht es aber auch nicht, um darin eine Sicherheit zu gewinnen. Vielmehr hilft mir hier, dass ich mich auf den Prozess verlassen kann.
Stimmige Entscheidungen berücksichtigen Kopf und Bauch
Umgangssprachlich haben Menschen zwei Systeme, die insbesondere bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. Das ist zum einen der Verstand, der komplexe Dinge durchringen kann, Pläne schmiedet und Kosten-Nutzen-Abwägungen machen kann. Wenn wir Entscheidungen nur mit dem Verstand treffen wollten, dann kann es bei komplexen Szenarien durchaus dazu kommen, dass wir aus dem Durchdenken der verschiedenen Optionen und wie sie sich gegenseitig beeinflussen gar nicht mehr auftauchen. Wir treffen keine Entscheidung.
Zum anderen ist da das sogenannte Unbewusste, worunter wir das „Bauchgefühl“, die Intuition, unser Gefühlserleben verstehen. Dieses macht sich durch „mag ich“ oder „mag ich nicht“ bemerkbar, bewertet schneller als der Verstand und das Hier und Jetzt. Wenn wir ausschließlich nach diesen Eindrücken entscheiden würden, wären wir hedonistisch unterwegs und könnten keine vorausschauenden Entscheidungen treffen. Wenn ich in meiner Einkaufsroutine bin, dann entscheide ich mehrheitlich mit meinem Unbewussten. Erwarte ich Gäste und mag etwas Besonderes kredenzen, dann kaufe ich geplanter ein und benutze dazu mehr den Verstand.
Was mir hilft stimmige Entscheidungen zu treffen
- Wenn beide Systeme in die Entscheidungsfindung mit einbezogen sind. Insbesondere bei schwierigeren Entscheidungen ist es hilfreich das gefühlte Erleben mit Informationen zu unterfüttern und diese wiederum gefühlsmäßig zu prüfen. Das kann zum Beispiel mit Hilfe eines Motto-Ziels geschehen.
- Einen Entscheidungsfindungsprozess zu gestalten. Das können zum Beispiel Fragen an andere Menschen sein, die in unseren Prozess einbezogen sind. Das kann auch im Rahmen eines Gruppenprozesses geschehen. So orientiert sich das Zürcher Ressourcen Modell klar an einem Prozess, in dem die Entscheidung „was brauche ich, um mein Anliegen gut angehen zu können?“ mehrfach und unterschiedlich betrachtet wird.
- Zu wissen, wozu diese Entscheidung getroffen wird. Die Entscheidung hilft wobei?
- Sich vor Augen zu führen, dass es oft möglich ist, sich um zu entscheiden oder die nächste Entscheidung anders treffen können.
Es gibt viele Dinge, bei denen ich mich nicht gleich entscheiden kann. Und ich muss gestehen, dass ich mich darüber auch freuen kann. Denn diese gefühlte Ambivalenz bedeutet, dass ich so frei bin, Wahlmöglichkeiten zu haben. Das empfinde ich als ein Privileg.
Lassen Sie es sich schmecken
Felix Pritschow