Motto-Ziele fördern die Entwicklung einer inneren Haltung, mit der ein bestimmtes Ziel leichter erreicht werden kann. Damit unterscheiden sie sich von anderen Zielformulierungen. Wofür sind diese Zieltypen geeignet und wie entwickle ich ein Motto-Ziel?
Die eigene Haltung finden
Als follow up zu Kursen mit dem Zürcher Ressourcen Modell biete ich Nachlesetermine an. Dort vertiefen die Teilnehmenden inhaltliche Fragen, berichten, wo sie momentan stehen oder holen sich nochmal einen Überblick über den Gesamtprozess. Ein Teilnehmer erzählt davon, wie sich sein Anliegen entwickelt hat. Er ist Physiotherapeut und Inhaber einer physiotherapeutischen Praxis mit mehreren Mitarbeitenden.
Sein Wunsch war, zwischen seinen verschiedenen Bereichen als viel arbeitender Unternehmer und Therapeut sowie mit seiner Freizeit einen guten Ausgleich finden zu können. Der Kurs ist fünf Monate her. Sein Bild, das er für sich ausgewählt hat, zeigt ein tanzendes Paar. Für die Leichtigkeit und Lebensfreude, die er darin erblickt, hat er sich ein großes Bild mit einem ähnlichen Motiv für seine Wohnung besorgt.
Jedes Mal, wenn er tanzende Menschen erblickt oder selbst tanzt, fühlt er sich sehr mit seinem Motto-Ziel verbunden. In seinen Worten hat sich etwas in ihm „gelöst“, so als hätte er etwas gefunden, was er vorher unbewusst gesucht hätte. Diese Leichtigkeit hat er für sich gefunden und spürt sie auch, fast automatisch, im alltäglichen Umgang mit seinem Thema. Sie bestimmt seine ganz individuelle „Ausgleichshaltung“.
Was ist das, ein Motto-Ziel?
Es gibt verschiedene Zieltypen. Bekannt sind zum Beispiel die sogenannten SMARTen Ziele. Sie zeichnen sich aus, indem sie Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminiert formuliert sind. Damit eignen sie sich für verschiedene Dinge sehr gut, zum Beispiel, wenn es um konkrete Zielverfolgung geht. Allerdings nur dann, wenn die Motivation für das Thema vorher schon hoch ist.
Wenn in komplexen Arbeitssituationen verschiedene Ziele Bedeutung haben und sogenannte Zielkonflikte bestehen – also Ziele, die sich möglicherweise widersprechen – dann sind Motto-Ziele geeignet. Sie helfen zu vereinen oder verschaffen Klarheit. Auch bei Themen auf der Gefühlsebene, die oft unspezifisch sind, helfen Motto-Ziele zu begreifen, was der eigentliche Kern ist.
Motto-Ziele sind metaphorisch und wirken motivierend
Ein Motto-Ziel adressiert die Haltungsebene. Ziele auf dieser Ebene entwickeln eine hohe Motivationskraft und sie sind großzügig und metaphorisch formuliert. Das Motto-Ziel des Teilnehmers lautet „Ich lasse mich vom Leben führen, aus der Bewegung ziehe ich meinen Schwung und spüre den richtigen Takt zwischen Freizeit und Arbeit“. Er trägt es auch im Nachlesetermin mit einem Lächeln vor.
Menschen leben modellhaft mit zwei Systemen – der ganzheitlichen Intuition oder dem Unbewussten und dem analytischen Denken oder dem Verstand. Während der Verstand die Sachlage differenziert abwägt, bewertet das Unbewusste diese mit „mag ich“ oder „mag ich nicht“. Während der Verstand in Worten und hintereinander denkt, kommuniziert das Unbewusste in inneren Bildwelten und Gefühlen, die zeitgleich stattfinden.
Der Verstand plant in die Zukunft, das Unbewusste bewertet das Hier und Jetzt. Oft berücksichtigen Ziele nur die Verstandesebene, das Unbewusste ist dann außen vor und nicht oft verfolgt es andere Ziele, was zu einem inneren Konflikt führen kann. Motto-Ziele hingegen beziehen beide Systeme mit ein.
Motto-Ziele wirken nachweislich
Eine Studie zur Wirksamkeit von Motto-Zielen mit 67 ProbandInnen hat diesen Zieltyp mit anderen wie hohen spezifischen Zielen verglichen. Zum Beispiel hinsichtlich des Optimismus’: Motto-Ziele erhöhen den Optimismus nach dem Training signifikant im Gegensatz zu den anderen Zielformen. Motto-Ziele erzeugen nach dem Training verhaltensaktivierende positive Stimmung und verbessern die Gefühlsregulation nach einem Misserfolg.
Wie entwickle ich ein Motto-Ziel?
Wie entwickle ich ein Motto-Ziel und berücksichtige beide Systeme? Das Unbewusste verständigt sich mittels Bilder oder Metaphern. Deshalb arbeiten wir mit bildreicher Sprache oder echten Bildern. Wir wählen spontan ein Bild aus, was in uns ein positives Gefühl auslöst. Im nächsten Schritt werten wir das Bild aus.
Unsere gefühlte Bewertung ist von größter Bedeutung. Wir gehen in eine Feedbackschleife mit uns selbst – zwischen Worten und Gefühlserleben. Immer wieder fragen wir uns, stört noch etwas? Wirkt das richtig positiv, was ich hier erfunden habe?
Im 1:1, der Gruppe oder dem Team
In Coachings lassen sich meiner Erfahrung nach Motto-Ziele wunderbar einbauen. Auch die Feedbackschleife kann in der Interaktion zwischen Coach und Coachee geschehen. Noch fruchtbarer ist es, wir berücksichtigen noch andere Menschen im Entwicklungsprozess, was im Coaching von Termin zu Termin möglich ist.
Dieser Schritt ist in den Trainings in der offenen Gruppe oder mit einem Team direkt integriert, da dort Feedbackschleifen zwischen Teilnehmenden stattfinden. Manchmal braucht persönliche Veränderung mehr Zeit und Unterstützung. In allen Formaten lassen sich hilfreiche und wirksame Ergebnisse erarbeitet, die zum Beispiel mittels Embodiment noch unterstützt werden können.
Seien Sie in Kontakt mit Ihren inneren Bildern
Felix Pritschow